Must-Try-Malts: Lochside

Vanille und Grapefruit in Industriehalle

Man mische einen guten roten Pauillac-Wein (schwarze und rote Johannisbeeren, mitteltrocken, strammes Rückgrat mit feiner Spur Eiche und Vanille, leichte Säure) mit einer Riesling-Auslese der Terrassenmosel (Mineralik, tropische Früchte wie Lychees, Zitrusfrüchten und Grapefruit, Süße mit Säure) im Inneren einer Industriehalle (Öle, Rauch, Gummi, Paraffinwachs) in Meeresnähe!

Verzeihen Sie mir diese ungewöhnliche und zugegebenermaßen abgefahrene Beschreibung. Aber genau so abgefahren und komplex schmecken die Whiskys einer völlig zu Unrecht für immer geschlossenen Brennerei aus den östlichen Highlands – der Lochside Distillery. Die Drams von Lochside gehören zu den wenigen Whiskys, die sich sehr deutlich vom allgemeinen Geschmack schottischer Malts absetzen. Daher ist für sie der Titel Single Malt besonders gerechtfertigt. Und trotzdem sind sie mit ihrer Frische wahre ‚crowd pleaser’, die fast jedem Genießer zusagen.

Jahrgang und Fassart: fast unwichtig!

Man muss dabei nicht einmal so genau auf den Jahrgang achten. Zwar sind die Flaschen aus den Sixties meist eine Offenbarung (und dementsprechend schon recht teuer und gesucht), doch auch die 1979er, die zahlreichen 1981er, 1987er sowie die Destillate aus den frühen Neunzigern sind bemerkenswerte Highlights abseits der ausgetretenen Pfade. Selbst die für Macnab abgefüllte Standard-Zehner – inzwischen eher ein Sammlerstück – schmeckt erstaunlich gut für ihr Alter.

Ebenso spielt die Fassart eine eher untergeordnete Rolle bei der Wahl eines Lochside, denn der eigenständige Brennereicharakter setzt sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – recht erfolgreich durch. Dies haben beispielsweise zwei Schwester-Abfüllungen von Cadenhead (eine aus dem Sherry-, eine aus dem Portfass) aus dem Jahr 1981 (die mein geschätzter Maniac-Kollege Serge Valentin leider gar nicht nachvollziehbar bewertet) bewiesen, die alle unsere Standbesucher 2007 und 2008 folgendermaßen kommentierten: „Was für ein geiles Zeugs! Wo bekomm’ ich die her?“ Auch die derzeit auf dem Markt befindlichen 1981er Lochsides (Sherry- und Bourboncask-Variationen) können dies genussvoll belegen.

Lochside – solange’s ihn noch gibt!

Wenn Sie den Geschmack eines außerordentlichen Single Malts erfahren wollen, dann empfehle ich Ihnen gerade jetzt, solange diese raren flüssigen Schönheiten noch auffindbar sind, einen Lochside. Lange wird es diese Drams nicht mehr geben. Achten Sie jedoch auf die Bezeichnung Single Malt auf dem Etikett, denn es gibt auch Grain-Whiskys dieser ehemaligen Brauerei. Sie werden damit Freude haben. Und vielleicht verlieben Sie sich wie ich in diese magischen Ostküsten-Stoffe.

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