A group of friends held their anual tasting session with really nice oldies. Enjoy their notes (in German):
Am 10.11.2016 trafen wir uns zum dritten Mal in gewohnter Viererrunde. Diesmal standen insgesamt 13 Drams auf dem Programm, mit priorisiertem Schwerpunkt auf die Brennerei Springbank, darunter die gesamte legendäre Millennium Range, der 64er Samaroli Sherry Dumpy sowie der 67er Prestonfield Single Sherry Cask 1472. Abgerundet wurde die herausragende Range durch einen 12-jährigen (sherrylastigen) Glenfarclas (ca. aus den 1950er Jahren), einen 73er Glenfarclas aus dem Bourbonfass, einen 40-jährigen Linkwood aus dem Jahr 1946 sowie den 32-jährigen offiziellen Laphroaig nebst einem uralten 10-jährigen Ardbeg (vermutlich abgefüllt noch in den 60ern) !
Das sensorische Vergnügen startete bereits durch die stärkende Mahlzeit vorab. Acht Stunden im Smoker zubereitete und wirklich sensationelle Spareribs (Danke Markus!) bildeten eine passende Grundlage um mit dem „Hauptgang“ zu beginnen.
Hier der Ausfluss unserer subjektiven Eindrücke:
1.) Linkwood, ”Finest Highland Malt”, 40 yo, dist. 1946, 40%, 75cl, Sestante
Wieder einer dieser altehrwürdigen Malts, die das Attribut „Understatement“ (auch wenn man sich da wiederholen muss) verkörpern, wie keine zeitgenössischen Vertreter auch nur annähernd mehr dazu in der Lage sind. Wunderbar fragiles und reifes heimisches Kernobst (Williamsbirne, grüner Apfel), reife grüne Weintrauben, dazu Anklänge von Marzipan, Toffee und weißem Rum. Mit der Zeit gesellen sich auch dezente exotische Noten (Mango, Sternfrucht) dazu. Wunderbar verflochten und mit einer genialen Süße von türkischem Honig unterlegt. Es kommen Assoziationen von Malaga-Eis auf. Im Hintergrund immer wunderbar unterlegte Edelholz-Noten und ein Sherry-Einfluss, der in dieser Eleganz und Finesse nicht mehr zu finden ist. Die Struktur und der Gesamteindruck erscheinen für das Alter erstaunlich lebendig. So sind die häufig anzutreffenden Leder- und Holznuancen wunderbar dezent und zu keinem Zeitpunkt überfrachtend. Auch trifft man nahezu keine, bei vielen vor 1990 abgefüllten Malts anzutreffenden, „Old-Bottle-Noten“ an. Lediglich im Nachklang verflacht der Eindruck dann ein wenig, was aber dem Alter und den inzwischen verflogenen Volumen-% geschuldet ist. Ein wunderbar eleganter Einstieg mit einem Rückblick über inzwischen 70 (!) Jahre Whiskygeschichte….
K: 91 M: 90 H: 90 F: 91 à Schnitt: 90,50
2.) Glenfarclas 1973 – 2015, 42 yo, 40,2%, Cadenhead “Authentic Collection”, 168 btl., Bourbon Cask
Und noch so ein betagter alter Herr, der allerdings erst letztes Jahr abgefüllt wurde. Trotz des Alters und der inzwischen geringen Fassstärke unglaublich lebendig-intensiver Bourbonfass-Einfluss mit allem, was so dazugehört (Vanillin-Backpulver, Rapshonig, sommerliche Blumenwiese). Dazu tolle Noten an überreifer Birne, Quitten-Marmelade und dahinter eine elegante Riesling-Mineralik. Mit der Zeit (und mehr Sauerstoff) gesellen sich feine Eindrücke an weißer Schokolade, süße Getreidenoten, Honigmet, Holunderblüten und eine Reihe an sommerlichen Kräutern (Thymian, Kamille und ein Hauch Fenchel) dazu. Die gesamte Aromenpalette wirkt wunderbar verspielt, grenzenlos samtig und harmonisch verflochten und weißt eine durchweg einnehmende Süße auf, die ihm eine geniale „Süffigkeit“ verleihen. Diese bleibt bis zum Ende hin in nachklingenden Bourbonfass-, Honig- und Obstkorb-Eindrücken erhalten. Ein weiteres wirklich sensationelles Cadenhead-Bottling, das zeigt, dass Glenfarclas auch „ohne Sherry“ geht – und wie!
K: 91 M: 92 H: 91 F: 92 à Schnitt: 91,5
Nun folgt der eigentliche Kernbereich des heutigen Tastings. Die Springbank Millennium Range. 6 Drams im Alter von 25 bis zu 50 Jahren. Flüssige Geschichte. Aufgrund der geringen Volumenprozent der 40-, 45- und 50-jährigen Vertreter haben wir die Range vom Alter her absteigend verkostet (im Nachhinein eine gute Entscheidung!).
Leider muss man vorab sagen, dass es dem 50-, 45- und 40-Jährigen erheblich an Alkoholstärke mangelt (alle nur mit knapp über 40% abgefüllt), was sich leider merklich auf Geschmack, Abgang und Struktur auswirkt. Geschmacklich wirken alle drei „verwässert“ und strukturell „schwach auf der Brust“. Anhand der Grundstilistik und Aromenstruktur bietet also vorwiegend die Nase Orientierung. Der Geschmack kann bei keinem der drei Vertreter die Erwartungen, die die Nase geweckt hat, erfüllen und fällt deutlich ab.
3.) Springbank 50 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 40,5%, btl. 03/2001
Getragen von uralten Ledereindrücken und einer intensiv-charakteristischen Rauchigkeit, die jedoch von unfassbarer Finesse gezeichnet ist (keine phenolische Rauchigkeit, die man von vielen Islay-Vertretern gewohnt ist, mehr in Richtung erloschenem und abgekühlten Lagerfeuer und Holzkohle, aber ebenso beeindruckend, nur wesentlich filigraner). Alter Kohlenkeller, unglaublich metallisch (deutlich mehr als in den Folgejahrzehnten!), alter „Bulldogschuppen“ und Eindrücke einer Werkstatt mit abgestandenen Motorölbehältern, alte Schusterei (Leder- und Schuhleim). „Alt“ kann eigentlich vor alle Aromenkomponenten gesetzt werden. Mit der Zeit eine elegante Wachsigkeit, dezente Heidekrauttöne und eine wunderbare Brise an kühler Atlantikluft sowie langsam zutage tretende heimische Obst-Eindrücke (überreife gelbe Äpfel, Stachelbeere, grüne Weintrauben) und Grünmalznoten. Dazu schwingen im Hintergrund immer Nuancen von muffigem Hochlandmoor an einem kalten Tag (Schottlandbesucher wissen, was gemeint ist) und einer feinen Salzbrise mit. Wirklich charakteristisch. Unterscheidet sich vollkommen von den Folgejahrzehnten. Der Geschmack lässt dieselbe Aromenstruktur erahnen, die die Nase bereits zeigt, fällt aber wie gesagt aufgrund der verlorenen Alkoholstärke deutlich ab und wirkt irgendwie „verwässert“ und substanzschwach.
Deshalb keine Gesamtwertung !
(Die Nase allein: K: 92 M: 89 H: 89 F: 89 à Geschmack und Körper deutlich schwächer !)
4.) Springbank 45 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 40,1%, btl. 09/2000
Wirklich sehr ähnliche Grundstruktur (die drei ältesten Vertreter der Millennium-Range ähneln sich von der Grundstruktur her merklich), jedoch lebendiger. Mehr Heidekraut- und Honigeinflüsse, mehr Eichenholzeindrücke (Vanille!) und Kernobst. Schafswolle (wirklich!), Buttertoffee, dafür die metallisch-maschinellen Komponenten zurückhaltender, weniger Kohle, etwas mehr an Malz- und Getreideaspekten sowie erste Anklänge der später so berühmten Kokos-Aromatik. Insgesamt „weicher“ und einen Hauch weniger maritim, aber immer noch die für diese Zeit bei Springbank typische Grundcharakteristik, die beim 50er ebenso vorzufinden war. Das Ganze einfach subtiler und verspielter. Der Geschmack weist zwar mehr Frucht und Süße auf, leidet aber wiederum merklich an den dürftigen Vol.%, weshalb wir auch hier kein Gesamtwertung vornehmen, sondern nur die Nase bewerten !
(Nase: K: 89 M: 90 H: 88 F: 90 à Geschmack und Körper wiederum deutlich schwächer!)
5.) Springbank 40 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 40,1%, btl. 03/2000
Die Tendenz hin zu der klassischen 60er Jahre Charakteristik bei Springbank zeichnet sich im Hinblick auf die zwar präsenten, aber dezenter zutage tretenden metallischen Noten und die filigraner eingebundene Kohlenrauchigkeit weiter ab. Bei dieser Abfüllung dafür wieder etwas mehr an Atlantikbrise, dazu mehr an sommerlichen Kräutern (Thymian, Kamille – erinnert an helle Honig-Kräuterbonbons), zudem dezente Marillen- und Birneneindrücke. Wiederum dezente Anklänge der spätestens ab Mitte der 60er so bekannten Kokoseindrücke und eine erste Idee an Edelschinken. Dieser Vertreter weißt auch im Geschmack eine feiner strukturierte Süße und noch mehr an fruchtigen Eindrücken auf, weniger metallisch, mehr an Holzeinfluss. Wirkt trotz fehlender Vol.% nicht mehr ganz so „verwässert“ wie die beiden Vorgänger, Alkoholstärke ist dennoch auch hier deutlich zu vermissen. Deshalb bleiben wir (auch fairnesshalber) nur bei der Beschreibung der Grundeindrücke und geben auch hier wiederum keine Gesamtwertung ab.
(Die Nase allein: K: 86 M: 87 H: 86 F: 88 à Geschmack und Körper erneut schwächer!)
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass man vom 50er über den 45er bis hin zum 40er eine plausible Zeitreise und Fortentwicklung zur Stilistik der berühmten 60er Jahre durchmacht. Welcher der drei Genannten einem nun am besten gefällt, ist reine Geschmackssache. Alle haben – zumindest von der Nase her – jeweils etwas für sich, wenngleich sie sich sehr ähneln. Geschmack und Auftritt sind aufgrund der Alkoholschwäche ernüchternd. Ein Erlebnis bleiben die Eindrücke und Erfahrungswerte aber trotzdem!
Im Gesamten kann man konstatieren, dass sich die Qualität in keiner Weise mit der der drei sherrylastigeren Abfüllungen (25er, 30er und 35er) aus der Range messen lässt. Diese bewegen sich aus unserer Sicht (unabhängig vom Alkoholgehalt) auf einem ganz anderen Niveau und zeigen, wozu Springbank qualitativ in der Lage war!
Nach einer stärkenden Zwischenmahlzeit (ebenso sensationelle Rinderbrust vom Kohlegrill… Danke an Markus Master Chef!) wurde die Sensorik mit folgendem Single Malt wieder auf Touren gebracht:
6.) J & G Grant (Glenfarclas) 12 yo, “Malt Scotch Whisky – From the Glenlivet District”, OB, Grant Bonding Co. Ltd. Elgin, 40%, 75cl (btl. ~ 1960ies), “dumpy cube bottle”
Gewürzmühle und Candyshop in Einem! Sofort eine charakteristische Note von Erdbeer-Rhabarber – Torte mit Vanillecreme (kein Scherz!). Dazu gebrannte Mandeln, Maroni, herber werdende Anklänge von Schwarztee und grünem Tee, alter Ledersattel, Zypressenholz, Zitronenmelisse und Orangenabrieb. Es gesellen sich tolle Eindrücke von feuchtem Pfeifentabak und grünem Pfeffer dazu. Die Süße wird zum einen von „altem“ Sherry und Weintrauben (erinnert in dieser Hinsicht an fragile alte Cognacs), zum anderen von karamellisierten dunklen Früchten und Zuckerrohr getragen. Das alles geht ein wirklich lebendiges Wechselspiel mit Röstaromen (wie man sie aus einer alten gusseisernen Pfanne her kennt), dezentem Glühweingewürz sowie klassischen Backzutaten (Zitronat/Orangeat) ein. Die bis zum Ende hin anhaltende und in feine Bitterkeit übergehende Würzigkeit erinnert an die charakteristischen Mizunara-Holz-Einflüsse, die man aus japanischen Whiskies kennt. Wirklich beeindruckend. Ein Malt, der Ansprüche stellt und trotz des Alters und der geringen Alkoholstärke eine erstaunliche Wucht und Vitalität aufweist. Hat wirklich Alleinstellungscharakter!
K: 92 M: 90 H: 91 F: 90 à Schnitt: 90,75
Im Folgenden konnte es wieder weitergehen mit dem zweiten (und viel besseren) Teil der „Millennium Range“…
1.) Springbank 25 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 46%, btl. 09/1998
Vorab: ein typischer Springbank von Anfang der 70er Jahre, der strukturell eine wunderbare „Mitte“ zwischen Brennereicharakter und Sherry-Einfluss aufweist.
Feine brennereitypische aber sehr elegante mineralisch-metallische Noten, dezent maritim mit kühler Atlantikluft, und einer entfernten „kalten“ Rauchigkeit. Feine Eichenholzstrukturen mit den typischen Vanille- u. Honignuancen sowie Buttertoffee, Getreidefeld mit Kornblumen und sommerlichen Kräutern wie Kamille und etwas Thymian. Dazu dann fruchtige Eindrücke an reifem heimischen Obst (Äpfel, Birnen, Quitten). Dahinter zeigen sich in schön ausgewogenem Verhältnis feingliedrige Sherryeinflüsse mit Mandarinen, ersten Anklängen von Lebkuchengewürz (mit einem Hauch von Zimt und Nelke) und dezenten Nuancen der sherrytypischen Fruchteindrücke wie Datteln, Feigen und Pflaumen. Der gesamte Auftritt wird von einer tollen karamellisierten Süße getragen, die wiederum eine feine Ausgewogenheit zwischen Sherry- und Bourboncharakteristik aufweist (neben den Beereneindrücken bliebt also auch Raum für z.B. zitruslastige Aspekte und Obst). Wirklich schön balanciert! Am Ende dann eine edle und wiederum sehr dezente Bitterkeit, die wunderbar von feingliedrigen maschinell-mineralischen Elementen getragen wird.
Fazit: der 25er (obwohl ja der jüngste der 6 Bottlings der Reihe) stellt geschmacklich und von der Nase her einen Übergang zwischen den metallisch-bourbonlastigen 50er, 45er und 40er Abfüllungen, hin zu den sherrylastigen 30er und 35er Springbanks dar, obwohl er ja zeitlich aus der letzten Brennperiode (Anfang der 70er) stammt. Das verleiht ihm jedoch in gewisser Weise ein sehr interessantes Alleinstellungsmerkmal.
K: 91 M: 89 H: 88 F: 92 à Schnitt: 90
2.) Springbank 30 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 46% (btl. 03/1999)
Den hatten wir ja bereits beim letzten Tasting, wo er mit durchschnittlich 94,5 Pkt. einer der absoluten Gewinner war…. Deshalb verweisen wir an der Stelle auch auf die Notes und ergänzen sie an dieser Stelle lediglich…
Immens mundschmeichelnde Süße aus dunkelsten Sherryfässern. Wellen an dunklen Früchten, wunderbare Herrenzimmer-Eindrücke (Tabak, Leder, Edelholz). Dazu durchgehend eine einnehmende Süße von roten Beeren, eine Idee an Erdbeer-Vanille Marmelade, Backpflaumen, Kirsch-, Blaubeer- und Brombeereindrücke. Im Hintergrund ein Hauch an Kokos, Anklänge von italienischem Edelschinken und ganz subtile springbanktypische Küsten-Aromatik (jedoch sehr dezent). Dazu wunderbar ausgewogen-elegante metallische Eindrücke, allerdings nicht ganz so intensiv wie bei den noch betagteren Vorgängern. Zum Ende hin machen sich die satten Sherrynoten dann noch bemerkbarer und es treten ein intensiverer Eichenholzeinfluss sowie kräftigere Gewürzkomponenten (Balsamico-Eindrücke, deutliche Kräuter wie u.a. Dill und Weihnachtsgewürze) hinzu, die von der sherrybedingten Trockenheit begleitet werden. Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Ein wirklich ganz großer Sherrymalt, wie man sich ihn nur wünschen kann !
K: 93 M: 93 H: 94 F: 94 à Schnitt: 93,5 (beim letzten Tasting: 94,5)
3.) Springbank 35 yo, OB, Limited Edition, “Millennium Bottling”, 46% (btl. 09/1999)
Der 35er baut in seiner Grundcharakteristik absolut auf dem 30er auf. Hier handelt es sich wiederum um dunkelsten „Edel-Sherry-Springbank“ aus Mitte der 60er Jahre. Die Destillate sind somit älter als die legendären Local Barley Abfüllungen und stammen somit ebenso noch aus der Zeit, als das Malz bei Springbank noch mit Kohle aus den Kohleminen nahe Campbeltown gedarrt wurde. Somit hat man allein deshalb schon einen Malt im Glas, der – im Gegensatz zum zeitgenössisch inflationären Gebrauch der Begrifflichkeit – die Bezeichnung „ultra rare“ wirklich verdient hat. Nase, Gaumen, Abgang und Struktur erfüllen die damit verknüpften Erwartungen auch in jeder Hinsicht. Die bereits beim 30er sensationell speicheltreibende Intensität der Sherryfässer wird von einer noch größeren Eleganz auf ein nochmal höheres Level gehoben. Zum einen intensivere Aromen an dunkelsten Früchten (Süß- u. Sauerkirschen, Brombeeren, Blaubeeren, dazu Dattel, Feigen), Weihnachtsgebäck, Ledercouch, Tabakbox, Edelschinken, Bacon und Bratpfanneneindrücken. Zum anderen eine edlere Verflechtung der Aromenpalette. Die einnehmende Süße wird zudem von wunderbaren karamellisierten Süd- und Kernfrüchten getragen, die von feinsten Kokosnuancen unterlegt werden und somit einen exotischen „Touch“ ins Aromenspiel mit einbringen, wie es bei solchen „Sherry-Monstern“ nur sehr selten und auch nur bei ganz alten Vertretern der Fall ist. Die typisch metallischen Werkstatteindrücke bilden zusammen mit einer dezenten Küstenbrise und einer unfassbar edlen kohlegetragenen Rauchigkeit einen genial-komplexen „Bilderrahmen“. Das gesamte Aromenspektrum zieht sich so von Nase bis Abgang in einem Strang durch und lässt keine Wünsche offen. Herausragend zeigt sich die Struktur auch deshalb, da trotz des „fetten“ Sherry-Einflusses immer wieder auch Reminiszenzen von uralten Cognacs und Armagnacs durchblitzen, was die enorme Bandbreite und Finesse verdeutlicht. Ein Sherry-Gigant – wenn man so will eine „Whisky-Kathedrale““ ! Pit Krause würde sagen: „Ein Malt wie ein Mischpult, bei dem alle Regler voll aufgedreht sind!“ Besser kann man es nicht sagen… MALZPORNOGRAFIE !
K: 96 M: 95 H: 97 F: 97 à Schnitt: 96,25
Fazit bzgl. der Millennium-Range:
Die inzwischen aufgerufenen abertausenden von Euro können der 50er, 45er und 40er qualitativ in keiner Weise mehr rechtfertigen, wenn man den Maßstab „Getränk“ ansetzt. Hierbei geht es sicher nur mehr um reinen Sammleraspekt. Die gute Nachricht für Whiskytrinker ist, dass sich niemand grämen muss, sich die drei Abfüllungen nicht mehr leisten zu können, da sie geschmacklich und in Anbetracht der damit verknüpften Erwartungshaltung wirklich nicht mehr erstrebenswert – ja sogar unterdurchschnittlich – sind. Man muss ihnen also wirklich keine Träne nachweinen… Da sind wenige hundert Euro für exklusivere zeitgenössische Abfüllungen (wenn auch nach wie vor viel Geld) sicher um ein Vielfaches besser angelegt, wenn man Preis und Qualität in Relation setzt. Bzgl. der Erfahrungswerte und aus emotionaler Sicht, sind die drei allerdings über jeden Zweifel erhaben. Wenn man sich mit der Nase auseinandersetzt und diese dann über die im Geschmack noch zu erahnende Ausgangscharakteristik dieser Brennperiode legt, kann man jedoch nach wie vor eine Reise in die frühen und späten 50er unternehmen, in denen sich die Springbanks strukturell und geschmacklich merklich von den Folgejahrzehnten unterscheiden. Als Referenz- und Vergleichsgrundlage also in jedem Falle ein Erlebnis. Wenn man die Springbank-Charakteristik dieser Zeit dennoch mal im Glas haben möchte, sollte man eher auf die alten Vertreter in der gedrungenen „Pearshape Bottle“ zurückgreifen, die in den 60ern bzw. 70ern abgefüllt wurden. Preislich und qualitativ wirklich besser !
Die anderen drei Abfüllungen aus Mitte der 60er bis Mitte der 70er werden dem Weltruhm der Brennerei in deren qualitativ sicher besten Jahrzehnt dann mehr als gerecht und bilden wunderbare Beispiele, warum die Brennerei im Ruf steht, in diesem Zeitraum mit das Beste hergestellt zu haben, was es jemals an Whisky gab. Insbesondere der 30er und 35er gehören zu den besten Sherry-Abfüllungen, die wir jemals verkosten durften.
Um qualitativ und sensorisch danach nicht in ein schwarzes Loch zu fallen, blieben wir an der Stelle einfach auf dem Level der Vorgänger-Abfüllungen….
10.) Springbank 15 yo, 09/1964 – 10/1979, Cadenhead for Samaroli, old brown dumpy bottle, screw cap, 45,7%, 75 cl
Unfassbar, von welcher Qualität ein Malt mit 15 Jahren zu dieser Zeit noch daherkam und ein weiteres Mysterium, wie es die alten Italiener verstanden haben, an solche Fässer zu gelangen! Flüssiges Sherry-Understatement zum niederknien! Rum-Kugel, Akazienhonig, Süßkirschen, Rosinen, Orangenzeste und Mangoeindrücke in ausgewogenster und komplexester Machart. Heimisches Obst meets Exotik! Dazu Kakaonuancen, unglaublich dezente Glühweingewürze (ein Hauch von Nelke, Zimt, Muskat), Orangeat und Zitronat. Kein Breitseiten-Sherry wie bei den gut doppelt so lange gereiften Vorgängern, sondern subtiler, verspielter. Sensationelle Verflechtung der genannten Aromen mit Leinensackeindrücken, „Maschinenhalle auf Understatement“, edelste Lederbände und Tabakblätter, dazu Teak-Holzboden und eine genial zurückhaltende kohlelastige Rauchigkeit im Hintergrund. Ebenso schwingen im Hintergrund immer wieder die berühmten Kokosnuancen und Eindrücke von italienischem Edelschinken mit. Der Abgang weißt eine wunderbare Präsenz aller Aromen auf und mündet in wunderbare sherry- und fruchtgetränkte Edelholzeindrücke. Ein unfassbar eleganter Gentleman, der erkundet und verstanden werden will. Ein weiterer dieser unwiederbringlichen Championsleague-Malts aus bester Zeit. Lediglich in puncto Breite und Tiefe liegen die über 30 jährigen Zeitgenossen (z.B. 35er Millennium, 31er Cadenhead Chairman´s aus den 60ern etc.) noch eine Nasenlänge vorne, was bei der gut doppelten Reifezeit im Fass aber nur folgerichtig erscheint. Was da Anfang und Mitte der 60er bei Springbank an (Sherry-) Bottlings kreiert wurde, sucht nach wie vor seinesgleichen…
K: 96 M: 93 H: 94 F: 95 à Schnitt: 94,5
Und wo´s doch so schön war, gleich noch ein berühmter Springbank aus der obersten Liga…
11.) Springbank 20 yo, dist. 18.04.1967, Signatory “The Prestonfield”, Single Sherry Cask #1472, 46%
Strukturell wieder ein schleichender Wandel in Richtung Charakteristik der späten 60er und frühen 70er Springbanks. Anders, aber nach wie vor herausragend gut! Immer weniger metallische Eindrücke, weniger Edelschinken und weniger jodige Küstenaromatik. Durchweg intensive Sherryeindrücke (mit all den bekannten und bereits genannten dunklen Beeren), die aber mehr Raum für exotische Fruchteinschläge lassen. Wunderbare fruchtig-süße Noten an Mango, Physalis und Bananen, dazu Weintrauben und Erdbeermarmelade. Außerdem mehr Kokoseinflüsse. Das alles in einnehmender Symbiose zum Sherry. Wirklich beeindruckend und enorm süffig! Mehr an vanillegetränkten Holznuancen, Mandeln und Marzipan, sowie süße Noten an türkischem Honig mit Pistazien, Datteln, Backzutaten (wiederum Zitronat und Orangeat) und Zuckerwatte. Mit der Zeit unterlegt durch eine feine und sehr dezente Gewürzaromatik (Anis-Anklänge, Assoziationen von Liebstöckl und Kardamon – aber wirklich nur ganz dezent angedeutet). Die ledrigen Eindrücke und Tabaknoten treten dafür ggü. den Vorgängern weiter in den Hintergrund. Trotz der Farbe ein unglaublich „jugendlich-fruchtiger“ Sherryeindruck, der wunderbar Raum für diverse sekundäre Fruchtaromen zulässt und sich nie überlagernd bemerkbar macht. Ein weiterer sensationeller Sherry-Springer aus den späteren 60ern…
K: 96 M: 95 H: 96 F: 95 à Schnitt: 95,5
Die gesamte Reihe an herausragenden Springbank-Bottlings im Line-up war nicht nur wegen der sensorisch qualitativ herausragenden Aspekte ein unvergessliches Erlebnis, sondern im Speziellen auch wg. der damit verknüpften einmaligen Gelegenheit, eine Zeitreise von den frühen 50ern bis Mitte der 70er Jahre zu durchleben und die Entwicklung der Grundcharakteristika der Destillate stringent nachzuverfolgen. Wirklich einmalig !
Zum Ausklang des Abends folgten dann noch zwei namhafte Vertreter der Islay-Fraktion…
12.) Laphroaig, 32 yo, btl. 2015, OB, Sherry Cask matured, 46,6%, 5880 btl.
Der zugrundeliegende Sherryeinfluss tritt eher dezent zutage. Die 32 Jahre überraschen eher, sowohl an Nase als auch Gaumen. Eindringliche Malzigkeit (feuchter Malzboden), dazu getrocknetes Dörrfleisch, dezente Gumminoten, erloschene Asche im Hintergrund. Mit der Zeit kommen dann Eindrücke von süßer BBQ-Marinade, Honigmet und Gewürzaromen von grünem Pfeffer und Kreuzkümmel hindurch. Schwarzwälder Schinken, dahinter Jodluft und eine feuchte Atlantikbrise. Am Anfang wird die Geschmacksstruktur von einer tollen jodig-öligen Süße getragen, die von Räucherschinken, feuchtem Treibholz, Grünmalz, Lampenöl und Holzpolitur ergänzt wird. Der Geschmack verflacht dann aber für einen 32-Jährigen Single Malt erstaunlich schnell und wirkt zum Ende hin etwas „schwach auf der Brust“, worunter Gesamteindruck und Komplexität merklich leiden. Die beim Händler inzwischen aufgerufenen 1200 bis 1500 Euro erscheinen vor diesem Hintergrund aberwitzig…. Da sind einige hundert Euro für alte Islay-Standards aus 70ern und 80ern deutlich besser angelegt, sofern man seine Finger da noch dran bekommt!
K: 88 M: 88 H: 88 F: 89 à Schnitt: 88,25
13.) Ardbeg, 10 yo, OB, green tall bottle / white label with black letters “Old Islay Malt Scotch Whisky – Ardbeg Distillery Limited – Islay”, white screw cap, 26 ½ Fl. OZS., 80 Proof, btl. ~ 60ies
Da haben wir sie wieder: Die gute alte Küstenpornografie! Islay-Emulsion auf genialstem Understatement. Vor allen Komponenten kann man die Attribute „edel“ und „elegant“ setzen. Traumhafte jodige Seebrise, feinste Torfraucheindrücke, die im Wechselspiel immer wieder verschwinden und wieder zutage treten. Ein hin- und herwogen, wie die See. Seetang an einem frischen Frühlingsmorgen, Lampenöl, frisch poliertes Schiffsdeck mit feinsten Holzplanken und Schiffstau. Das Ganze einnehmend ölig verflochten mit wunderbar süßen zitruslastigen Aspekten an Zitronengras, hellen Weintrauben, Stachelbeeren, Sternfrucht und Honigmet. Der Gesamteindruck klingt dann anhaltend in eine wunderbar elegante Konzentration von ölig-süßen Nuancen, Seeluftaromatik und langsam abkühlender Torfglut aus. Traumhaft und auf den Punkt! Unwiederbringliche Qualität aus verflossener Zeit…
K: 94 M: 90 H: 93 F: 94 à Schnitt: 92,75
Ein würdiges Ende eines wiederum sensorisch unvergesslichen Slowdrink-Abends. Wir hoffen, der ein oder andere findet sich in unseren subjektiven Eindrücken wieder oder kann für sich die ein oder andere interessante Information aus ihnen ziehen…
In diesem Sinne,
Slainté
Kerstin, Markus, Heiko und Flo